Oktober 31, 2018

AICHELIN muss zukunftsfit bleiben

Dr. Peter Schobesberger, Geschäftsführer der AICHELIN Holding GmbH, spricht im Interview mit PROZESSWÄRME über das 150-jährige Jubiläum der AICHELIN Gruppe, die aktuelle Lage in der Branche und künftige Herausforderungen.

Die AICHELIN Gruppe feiert ihr 150-jähriges Jubiläum. Wie gelingt es Ihnen, Tradition und Zukunft miteinander zu verbinden?

Schobesberger: Für die AICHELIN Gruppe ist es wichtig, vor allem im Jetzt zu leben und gemeinsam mit ihren Kunden optimale Wärmebehandlungslösungen für die heutigen Anforderungen zu finden. Dabei hilft uns die Erfahrung aus der Vergangenheit. Das allein reicht aber nicht aus. Die Lösungen sind nur dann gut, wenn sie auch zukunftsfähig sind. Das bedeutet für uns ein ständiges Suchen nach Verbesserungen – mit unseren Mitarbeitern und Partnern.

Die AICHELIN Gruppe ist in jüngster Zeit kontinuierlich durch Übernahmen gewachsen. Wie integrieren Sie neue Unternehmen in die Gruppe?

Schobesberger: Bereits vor der Akquisition sehen wir uns sehr genau an, ob das Unternehmen zu uns passt. Hier geht es aber um mehr als die Vermeidung von Markt- und Produktüberschneidungen.

Mit dem Management des Unternehmens muss auch die Chemie stimmen. Die AICHELIN Gruppe räumt jedem Tochterunternehmen einen klaren Platz im Verbund ein.Im ersten Jahr erfolgt eine sehr enge Begleitung des lokalen Managements, um die notwendigen und abgestimmten Harmonisierungen durchzuführen. Danach sind meist die regulären Gruppenabstimmungen ausreichend. Ich glaube, wir sind mit unserem Ansatz recht erfolgreich.

Planen Sie weitere Übernahmen und Akquisitionen in naher Zukunft? 

Schobesberger: Wir haben natürlich immer einige Ideen, an denen wir arbeiten. Für uns zählt aber ein gutes Ergebnis mehr als ein rasches Vorgehen.

Welcher Management-Strategie folgen Sie?

Schobesberger: Die AICHELIN Gruppe ist mittlerweile zu einem wirklich globalen Unternehmen herangewachsen, mit all den dazugehörigen Herausforderungen. Unsere Tochterunternehmen betreiben ihr Geschäft mit großem Handlungsspielraum sehr eigenständig. Als Gruppe bringen wir uns ein, wenn es um zentrale Fragen wie z.B. klare Aufgabenzuordnung, Compliance und Strategie geht.

Welche Ziele wollen Sie in den kommenden zehn Jahren erreichen?

Schobesberger: Die AICHELIN Gruppe hat es sich zum Ziel gesetzt, ihre Kunden weltweit mit den besten Wärmebehandlungsanlagen zu versorgen und diese auch mit einem ausgezeichneten Service zu betreuen. Wir sind dabei auf gutem Weg, aber noch nicht am Ziel.

Wie wichtig ist ein Markenname im Investitionsgütermarkt?

Schobesberger: Ein guter Markenname ist von großem Wert. Eine Marke enthält alle Firmeneigenschaften und Erwartungen in verdichteter Form. Für uns ist es sehr wichtig, in unserem täglichen, qualitätsvollen Agieren den guten Namen der Aichelin Gruppen-mitglieder immer wieder zu bestärken. Wir haben anlässlich des 150-jährigen Jubiläums unseren Markenauftritt erneuert, vor allem um zu zeigen, dass wir in der AICHELIN Gruppe ein gemeinsamer starker Verbund sind.

In welchen Märkten sehen Sie hohes Wachstumspotenzial?

Schobesberger: Wenn ich mir die Entwicklungsprognosen ansehe, so wird sicherlich der asiatische Raum in den nächsten Jahren weiterhin der stärkste Wachstumstreiber für unsere Industrie bleiben.

Erwarten Sie einen weiteren Konsolidierungsprozess innerhalb Ihrer Branche?

Schobesberger: Im Zuge von Nachfolgen in eigentümergeführten Unternehmen erwarte ich noch einige Konsolidierungen.

Wie haben sich die Anforderungen der Kunden in den vergangenen Jahren verändert – und welche Veränderungen erwarten Sie zukünftig?

Schobesberger: Der Trend geht in Richtung noch bedienerfreundlicherer Anlagen, verstärkte Integration in die Fertigungslinie und geringe Betriebsmittelverbräuche. Im Service erwarte ich mir im Zuge der zunehmenden Digitalisierung mehr Predictive Maintenance Lösungen und eine stärkere Vernetzung zwischen Kunden und Lieferanten.

Glauben Sie, dass die Konjunktur trotz geopolitischer Risiken weiterhin robust bleibt?

Schobesberger: In der Vergangenheit war ich immer pessimistischer als sich dann in der aktuellen Konjunkturentwicklung herausgestellt hat. Handelsbarrieren, Brexit und ähnliche Abschottungs-tendenzen sind dem Wirtschaftsklima sicher nicht zuträglich. In der Vergangenheit waren aber das Bevölkerungswachstum und die Erhöhung des Wohlstandes für breite Bevölkerungsgruppen ein starker langfristiger Treiber. Ich hoffe, es bleibt so.

Wie wird die E-Mobilität die Thermoprozesstechnik verändern?

Schobesberger: Die zunehmende E-Mobilität wird den Fahrzeuggetriebebau jedenfalls betreffen. Derzeit nimmt die Anzahl der Fahrzeuge mit einem Schaltgetriebe noch immer zu. Wann sich das ändert, hängt von der Geschwindigkeit des Mobilitätswandels ab. In China und Teilen Europas wird dieser politisch gefördert. In Amerika sieht man wenig Bewegung. Die Thermoprozesstechnik ist aber ein viel breiteres Feld als deren Anwendung im Getriebebau, daher scheint mir die Auswirkung begrenzt.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung für Ihr Unternehmen?

Schobesberger: Das ist für uns ein spannendes Thema, wo wir sehr aktiv sind. Die Digitalisierung ermöglicht es, unsere Maschinen immer intelligenter auszustatten und die Kommunikation Kunde-Serviceprovider zu verbessern. Darüber hinaus erhöht die Implementierung kluger Datenbanklösungen den Informationsfluss in unseren Unternehmen. Dadurch kommen unsere Mitarbeiter leichter und schneller an wichtige Informationen, die den Arbeitsablauf erleichtern.

Welche Schwerpunkte setzen Sie in der Forschung und Entwicklung?

Schobesberger: Ein Entwicklungsschwerpunkt in der AICHELIN Gruppe geht genau in die Richtung Digitalisierung. Wir bieten für unsere Kunden jetzt schon sehr komfortable Lösungen im Bereich Mensch-Maschine Schnittstelle mit einer Vielzahl von Möglichkeiten zur Prozessdatenauswertung. Hier werden wir in den nächsten Jahren weitere attraktive Lösungen für unsere Kunden anbieten.

Was ist für Ihr Unternehmen die größte Herausforderung?

Schobesberger: Wie für fast jedes Unternehmen gilt für uns: AICHELIN muss zukunftsfit bleiben. Das bedeutet gesundes Wirtschaften, harte Arbeit und Weitblick.

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